15.12.2022

Sandra Schlöffel im Interview

Seit dem Sommer 2022 ist Sandra Schlöffel Chief Operating Officer (COO) und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Novak, Thurnheer + Partner AG (NTP). Die studierte Diplomkauffrau war in ihrer bisherigen Laufbahn für Grossbanken in verschiedenen Kaderpositionen tätig, zuletzt als Head Business Support und Executive Director Deutschschweiz bei der Bank Julius Bär. Warum es die COO-Stelle braucht, was ihre Aufgaben sind und wie sie den Wechsel von einer Grossbank in ein KMU erlebte, erzählt Sandra Schlöffel im Interview.

Die Novak, Thurnheer + Partner AG gibt es seit 27 Jahren. Warum wurde nun eine COO-Stelle geschaffen?
Der Erhalt der Bewilligung der FINMA als Verwalterin von Kollektivvermögen Ende 2021 war ein Meilenstein in der Firmengeschichte. An die Lizenz sind strenge Vorschriften geknüpft, die einen enormen administrativen Aufwand mit sich bringen. Diesen mit dem bestehenden Team zu bewältigen, hätte Abstriche bei der Kundenbetreuung bedeutet. Das war keine Option, deshalb hat man sich für die Verstärkung durch eine oder einen COO entschieden.

Bedeutet dies, dass das Unternehmen weiter wachsen soll?
Einer der Gründe, warum unsere Kunden mit der NTP zusammenarbeiten, ist die vertrauensvolle und persönliche Zusammenarbeit sowie die Kontinuität. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Wir streben die «ideale Minimumgrösse» an. Das heisst, das Unternehmen soll in dem Masse wachsen, wie es aufgrund der neuen Gegebenheiten sinnvoll ist. Damit ist nicht primär ein personelles Wachstum gemeint. Ausschlaggebend ist die Frage: Wohin entwickelt sich die Vermögensverwaltung in den nächsten zehn Jahren? Effizienz, Prozessoptimierung und Digitalisierung gewinnen an Bedeutung. Es wäre falsch, sich diesen Themen nicht zu stellen.

Was sind deine Aufgaben als Chief Operating Officer?
Wo soll ich anfangen (lacht). Meine Aufgabe ist es, alle notwendigen Prozesse zu begleiten und den Inhabern sowie Vermögensverwaltern den Rücken freizuhalten, damit sie sich auf die Kunden fokussieren können.  Oder anders gesagt: alles, ausser der Kundenbetreuung. Dazu gehören die Bereiche Governance, Management, Organisation, Operations, IT, Human Resources, Marketing und Kommunikation, Risk Management und Investment Compliance.

Was können sich Branchenfremde darunter vorstellen?
Mein Job ist es, die Massnahmen im Kontext der gesetzlichen Bestimmungen und deren Einfluss auf die operativen Prozesse zu steuern. Dazu zählen die Betreuung der FINMA-Themen wie das Vorbereiten und Begleiten von Erhebungen und Kontrollen oder auch die Prozessbegleitung bei neuen Outsourcing-Partnern. Jeder Schritt muss dokumentiert sein und wird durch die FINMA geprüft. Wichtig ist auch das Vorantreiben strategisch zukunftsweisender Themen wie IT, IT-Sicherheit, Datenschutz und Human Resources. Die Aufbereitung und Prüfung der Jahresrechnung gehört ebenso zu meinen Aufgaben wie das Vor- und Nachbereiten von Sitzungen – hier schlüpfe ich dann in die Rolle einer Assistentin (lacht).

Du bist auch Mitglied der GL – neben Herbert Novak und Roger Thurnheer. Was sind dort deine Aufgaben?
Die Geschäftsleitung ist für den reibungslosen Ablauf der Prozesse und die Umsetzung der Strategie verantwortlich. Ich vertrete die vorhin genannten Themen und erarbeite die Entscheidungsgrundlagen.

Wie erlebst du es, als «Frischling» neben den langjährigen Inhabern Herbert Novak und Roger Thurnheer das Unternehmen zu führen?
Wir harmonieren gut zusammen, alle bringen ihre jeweiligen Erfahrungen und Stärken ein und ergänzen sich gegenseitig. Die Kombination von Routine und Sicht von aussen ist erfrischend. Ich bringe viel Know-how in den Bereichen Audit und Business Management mit, die für das Unternehmen immer wichtiger werden. Herbert Novak und Roger Thurnheer verfügen über ein enormes Wissen im Vermögensverwaltungsgeschäft und der Kundenberatung. Diese Kombination ist wertvoll für eine erfolgreiche Arbeit. Mir wird viel Vertrauen und Wertschätzung entgegengebracht.

Wo liegen deine Stärken, die du ins Unternehmen einbringen kannst?
Herausfordernde Situationen meistere ich strukturiert und mit einem Lächeln. Ich bin in der DDR aufgewachsen, sozusagen im Chaos einer Grossbaustelle. Die damalige Aufbruchstimmung hat mich geprägt, Veränderung verbinde ich mit positiven Gefühlen. Mit neuen Situationen und Aufgaben fühle ich mich sofort wohl. Eine weitere Stärke ist sicherlich auch, dass ich Leuten von Anfang an mit Respekt begegne. Und ich mag es, anzupacken.  

Wo liegen die Herausforderungen?
Es ist nicht einfach, Gewohnheiten zu durchbrechen. Das gilt bei komplexen Prozessen ebenso wie bei einfachen Dingen – intern wie extern. Es kann schon passieren, dass Informationen erst über Umwege bei mir landen, weil es vorher «doch immer so gewesen ist». Veränderungen brauchen eben Zeit, da ist menschlich.

Worin unterscheiden sich die Aufgaben in einer kleinen Vermögensverwaltung verglichen mit einem grossen Player wie der Julius Bär AG, wo du vorher tätig warst?
Die Arbeit in einem kleineren Betrieb ist viel umfassender. Die Aufgaben betreffen sämtliche Bereiche und Themen des Unternehmens und nicht nur für einen einzigen Bereich, wie das in Grossfirmen und Konzernen häufig der Fall ist. Diese Vielfalt der Aufgaben und Themen schätze ich enorm.

Dann ist es die Vielfalt der Aufgaben, die dich zum Wechsel von einer Grossbank in eine kleinere Vermögensverwaltung bewogen hat?
Auch, ja. Ausschlaggebend war zudem, dass das Persönliche in einem kleineren Unternehmen eine viel wichtigere Rolle spielt, das gefällt mir. Und dass mein Handeln und meine Entscheide eine unmittelbare Auswirkung haben und sofort sichtbar sind, erachte ich als weiteren Vorteil.

Worin liegen deiner Meinung nach aus Kundensicht die Vorteile einer kleineren Vermögensverwaltung?
Ganz klar in der persönlichen Beziehung. Zufriedene Kunden sind für uns die einzige Gewähr für treue Kundschaft. Wir leben Vermögensverwaltung in Sinne der Kunden. Massgebend für die Wertschätzung sind Loyalität, Diskretion und die Performance des anvertrauten Vermögens.

Was schätzt du persönlich am meisten an der NTP?
Das Miteinander, das gegenseitige Vertrauen und die Verantwortung. Ich kann mein ganzes Know-how und meine Erfahrung direkt anwenden und dadurch einen unmittelbaren Mehrwert generieren, das ist sehr erfüllend.

Wohin soll sich die NTP aus deiner Sicht entwickeln, was sind deine Ziele für das Unternehmen?
Die NTP soll die Persönlichkeit, die Kundennähe und die bewährten Werte beibehalten. Die Entwicklung soll dort voranschreiten, wo es aufgrund der FINMA-Unterstellung sinnvoll ist und dem Unternehmen wie auch den Kunden Vorteile bringt. Und wir wollen heute wie in Zukunft eine attraktive Arbeitgeberin sein, schliesslich sollen die Besten bei uns arbeiten.

Was sind deine persönlichen Ziele?
Da habe ich eigentlich nur ein Ziel: gesund bleiben. Der Rest ergibt sich. Alles, was ich tue, mache ich immer mit Leidenschaft. Ich habe hohe Anforderungen an mich selbst. Nicht reden, machen ist meine Devise. Für die Mitarbeitenden und den Nachwuchs möchte ich ein Vorbild sein. Es ist mir wichtig, Dinge, die ich selbst als negativ erlebte, besser zu machen. Als Mentorin gebe ich jungen Menschen Vertrauen, ohne zu bewerten, das hätte mich mir früher selbst gewünscht.  

Was machst du, wenn du nicht arbeitest?
Dann geniesse ich das Leben: im Austausch mit Freunden, kulinarisch oder in der Natur, wo ich Kraft tanke und oft mit meinem Mann und unserer Lagotto-Dame Feli unterwegs bin.


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